Welche Aufgaben hat das NARA?
26.06.2025 - Das Nationale Referenzlaboratorium zur Früherkennung neuer Antibiotikaresistenzen (NARA) sammelt schweizweit multiresistente gramnegative und grampositive Bakterien. Seine Hauptaufgaben sind die Erkennung bereits bekannter oder neuartiger Resistenzmechanismen und die Warnung der Akteure vor klinisch relevanten Gefahren. Zudem hilft das NARA den klinischen Labors bei ihrer Überwachungsaufgabe, indem es diagnostische Tests entwickelt und landesweit epidemiologische Untersuchungen unterstützt.
Bislang galt die Schweiz als relativ wenig von Antibiotikaresistenzen betroffen. Ähnlich wie in anderen europäischen Ländern ist jedoch auch in der Schweiz seit zehn Jahren ein stetiger Anstieg der Isolierung multiresistenter Bakterienstämme zu verzeichnen. Insbesondere resistente gramnegative Bakterien treten zunehmend auf. Im Speziellen die Isolierung von Carbapenemase-produzierenden Enterobacterales, Pseudomonas aeruginosa oder Acinetobacter baumannii gilt nicht mehr als Seltenheit – vor allem bei Patientinnen und Patienten in Universitätsspitälern.
Um das Auftreten und die Ausbreitung von in der Schweiz als besonders bedrohlich eingestuften multiresistenten Bakterien zu überwachen – unabhängig davon, ob diese aus Infektionen (klinische Proben) oder Kolonisationen (z. B. rektale oder nasale Screenings, je nach Spezies) isoliert wurden –, wurde 2017 in Freiburg das Nationale Referenzlaboratorium zur Früherkennung und Überwachung neuartiger Antibiotikaresistenzen (NARA) etabliert. Als zentrales Fachlabor bietet das NARA die einzigartige Möglichkeit, die landesweit zirkulierenden bedenklichen Bakterienarten und Resistenzmechanismen kontinuierlich zu überwachen und damit letztlich die Bemühungen zur Prävention und Bekämpfung ihrer Ausbreitung zu unterstützen.
NARA als Kompetenz- und Referenzzentrum für «Superbakterien*»
Im November 2024 erweiterte sich der Aufgabenbereich des NARA durch einen neuen Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Neben dem zentralen Diagnoselabor an der Universität Freiburg (Abteilung für Medizinische und Molekulare Mikrobiologie), das sich auf gramnegative Bakterien konzentriert, und dem Institut für Mikrobiologie am Universitätsspital Lausanne (CHUV) mit Fokus auf grampositiven Bakterien kam ein dritter Partner hinzu: das Institut für Medizinische Mikrobiologie (IMM) am Universitätsspital Zürich. Dieser Ausbau stärkt die Sequenzierungskapazitäten des NARA, insbesondere im Bereich der Genomanalysen, und verbessert damit die molekulare epidemiologische Überwachung multiresistenter Bakterien. Dadurch wird die detaillierte molekulare Epidemiologie (z. B. Identifizierung von Übertragungswegen und Ausbreitung in Spitälern oder in der Bevölkerung) verbessert. Repräsentative multiresistente Stämme werden fortlaufend sequenziert und in die gemeinsame Biobank der öffentlichen Institutionen in der Schweiz aufgenommen.
Der Aufgabenbereich des NARA umfasst ein breites Spektrum von Tätigkeiten, darunter:
- Sammlung potenzieller multiresistenter Isolate, um Resistenzmechanismen zu ermitteln und eine Biobank mit in der Schweiz zirkulierenden multiresistenten Bakterien aufzubauen
- Überprüfung oder Ergänzung der initialen phänotypischen Beobachtungen (z. B. Bestätigung der Empfindlichkeitsprüfung, Bestimmung der minimalen Hemmkonzentrationen [MHK-Werte]) gemäss Angaben der überweisenden Laboratorien
- Beurteilung und Bestätigung der Art der Carbapenemase-Determinanten in gramnegativen Bakterien mithilfe verschiedener Techniken, wie:
- biochemische Tests (z. B. Carba NP-Test zum schnellen Nachweis von Carbapenemase-Aktivität)
- immunochromatographische Tests (zur Proteinidentifizierung)
- molekulare Techniken wie PCR (zum Nachweis von Resistenzgenen)
- Durchführung von Empfindlichkeitstests für neue Antibiotika, insbesondere wenn entsprechende Methoden in den überweisenden Labors noch nicht verfügbar sind. Beispielsweise bietet das NARA MHK-Tests für neuartige β-Lactam/β-Lactamase-Inhibitor-Kombinationen wie Aztreonam-Avibactam (wirksam gegen Metallo-β-Lactamase-Produzenten), Ceftolozan-Tazobactam, Imipenem-Releactam und Meropenem-Vaborbactam. Aufgrund der technischen Herausforderung bei der Bestimmung der MHK-Werte für das Siderophor-Cephalosporin Cefiderocol (das eisenarme Medien erfordert) führt das NARA diese Tests bei Bedarf ebenfalls durch.
- Entwicklung von Schnelldiagnosetechniken zur Bestimmung der Empfindlichkeits-/Resistenzprofile für neu verfügbare Medikamente. Diese Instrumente sollen die Durchlaufzeiten verkürzen und zeitnahe Behandlungsentscheidungen unterstützen. Alle vom NARA entwickelten Methoden werden auf Anfrage kostenlos an Kolleginnen und Kollegen weitergegeben.
- Untersuchung seltener Resistenzphänotypen bei grampositiven Bakterien, insbesondere Staphylokokken und Enterokokken. Dies umfasst Empfindlichkeitstests für Medikamente wie Teicoplanin, Linezolid und Daptomycin sowie bei Bedarf die molekulare Charakterisierung von Resistenzmechanismen.
- Überwachung des Auftretens und der Ausbreitung von Resistenzmutationen und Klonen in Spitälern und Kantonen. Die landesweite Sammlung von Isolaten ermöglicht es dem NARA, klonale Verbreitungsmuster zu erkennen.
- Medizinische Fachberatung zur Behandlung schwieriger Infektionen, einschliesslich Bewertung der Relevanz von Standardbehandlungen anhand von In-vitro-Daten oder Empfehlung alternativer Therapieoptionen, inklusive weniger konventioneller Antibiotika, aufgrund von Empfindlichkeitstests.
Zusammengefasst sollen die wichtigsten Dienstleistungen des NARA klinischen Zentren bei der Bewertung der Eignung neuer Medikamente zur Behandlung von multiresistenten Infektionen – insbesondere solchen, die durch Carbapenemase-Produzenten verursacht werden – helfen. Diese Arbeit unterstützt die Erkennung der wichtigsten multiresistenten Bedrohungen in der Schweiz und trägt in Zusammenarbeit mit internationalen öffentlichen Stellen zur nationalen Überwachung bei. Überdies erleichtert das NARA in Zusammenarbeit mit Partnern wie Swissnoso und ANRESIS die Erkennung, Untersuchung und Bekämpfung potenzieller Ausbrüche mit bestimmten Bakterienstämmen.
*«Superbakterium»: Bakterienstamm, der gegen Antibiotika resistent geworden ist und schwer zu behandelnde Infektionen verursachen kann.
