Interview mit Christian Hofer, Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW)

Christian Hofer, wie lautet Ihr Fazit nach knapp zwei Jahren im Amt?
Es war ohne Zweifel ein unverwechselbarer Start am BLW. Wenige Monate nachdem ich mein Büro bezogen hatte, wechselten wir alle ins Home-Office. Leider wurde so ein spontaner Austausch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort verunmöglicht. Wir alle haben aber bewiesen, wie flexibel wir mit neuen Situationen umgehen können. Das verdient Respekt und Anerkennung. Inhaltlich standen während der letzten Monate wichtige agrarpolitische Geschäfte an. Die Agrarpolitik 22+ sowie die beiden Agrar-Initiativen vom Juni prägten unter anderem den Arbeitsalltag. Die Fülle der verschiedenen Aufgaben, die Verantwortung und den Gestaltungsspielraum schätze ich sehr. Die Ausrichtung der Agrarpolitik weiter zu begleiten und mitzugestalten, erachte ich als grosses Privileg. Die Gesellschaft und ihre Werte in Bezug auf eine nachhaltige Ernährung sind im Wandel. Der Schutz unserer natürlichen Ressourcen wird immer wichtiger. Diese Prozesse bringen neue Herausforderungen, die mich anspornen.

Welche Bedeutung hat die Strategie StAR für Sie und für das Amt? Wie ist der Bezug dazu?
Antibiotikaresistenzen betreffen uns alle. Mit der Zunahme der Resistenzen gehen hochwirksame Medikamente für den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier verloren. Das BLW setzt sich dafür ein, damit die Landwirtschaft ihren Beitrag gegen Antibiotikaresistenzen leistet und die Bäuerinnen und Bauern den Antibiotikaeinsatz kontinuierlich und soweit als möglich reduzieren können. Projekte, welche die Tiergesundheit verbessern und den Antibiotikaverbrauch senken, werden gefördert und finanziell unterstützt. An solchen Projekten beteiligen sich Milchproduzenten, Kälber- und Rindermäster – und auch Schweinehalter. Ein konkretes Beispiel: Mit dem Ressourcenprojekt «gesunde Klauen – das Fundament für die Zukunft» soll die Klauengesundheit bei Rindvieh mit weniger Antibiotikaeinsatz verbessert werden. Die Landwirtinnen und Landwirte beteiligen sich sehr aktiv an den Projekten, weil es auch in ihrem Interesse ist, möglichst gesunde und robuste Tiere zu halten mit möglichst wenig Antibiotikaeinsatz. Für eine nachhaltige tierische Produktion ist die Tiergesundheit von entscheidender Bedeutung. Der Antibiotikaverbrauch in der landwirtschaftlichen Tierhaltung ist in den letzten zehn Jahren um 50 % zurückgegangen. Das ist beachtlich und ein sehr gutes Zeichen.

Wie hat Covid-19 Ihre Arbeit beeinflusst?
Der direkte und auch spontane Austausch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat mir während den Home-Office-Phasen sehr gefehlt. Mir sind persönliche Begegnungen wichtig – für die zwischenmenschlichen Beziehungen, aber auch für die professionelle Arbeit. Gerade wenn man neu eine Stelle antritt, ist es wichtig, das berufliche Netzwerk erweitern zu können. Gezeigt hat mir die neue Situation auch, wie wichtig und unterstützend wir die Vorteile der Digitalisierung nutzen können. Hier orte ich ein grosses Potenzial, das wir noch weiter ausschöpfen sollten.

Inwieweit könnte Covid-19 eine Chance sein im Kampf gegen Antibiotikaresistenz?
Covid-19 hat uns wohl alle ein Stück weit verändert. Grundsätzlich lässt sich sicher festhalten: Die Pandemie hat bei der Bevölkerung die Problematik übertragbarer Krankheiten klar sichtbar gemacht. Sicherheitsmassnahmen zur Einschränkung der Übertragung wie Handhygiene, Händeschütteln, Distanzen wahren usw. haben unser Verhalten nachhaltig verändert. Dies hilft sicher auch, dass entsprechende Handlungsempfehlungen zur Verhinderung der Verbreitung von Antibiotikaresistenzen von der Bevölkerung in Zukunft bewusster umgesetzt werden.

Letzte Änderung 11.09.2023

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