Neue Formen von Antibiotikaresistenzen erkennen

Multiresistente Krankheitserreger stellen eine zunehmende Bedrohung für die öffentliche Gesundheit dar. Um die Verbreitung solcher Bakterien einzudämmen, ist es wichtig, sie frühzeitig zu erkennen. In der Schweiz nimmt diese Aufgabe das Nationale Referenzlaboratorium zur Früherkennung und Überwachung neuartiger Antibiotikaresistenzen (NARA) wahr.

Jedes Jahr verursachen antibiotikaresistente Bakterien weltweit den Tod von mehr als einer Million Menschen. Dabei breiten sie sich stetig und oft unbemerkt aus. Der sachgemässe Einsatz von Antibiotika bremst die Bildung neuer Resistenzen, und die Entwicklung innovativer Antibiotika hilft, sie zu bekämpfen. Wichtig ist aber auch, die Erreger so früh wie möglich zu erkennen und ihre Ausbreitung zu verhindern.

Bis zu 70 Proben pro Monat

Beim Nationalen Referenzlaboratorium zur Früherkennung und Überwachung neuartiger Antibiotikaresistenzen (NARA) gehen jeden Monat von Labors aus dem ganzen Land 60 bis 70 Proben multiresistenter Bakterien ein. Nach der Bestätigung der Bakterienart setzt das NARA die neuesten molekularen und biochemischen Analysetechniken ein, um die Empfindlichkeit jeder Probe gegenüber Antibiotika zu untersuchen.  

Neue Resistenzformen kommen auf

Auf globaler Ebene sind die häufigsten pathogenen Bakterien zunehmend gegen ein oder mehrere Antibiotika resistent. Resistenzen bei Bakterien entstanden schon seit der Einführung der ersten Antibiotika. Von der Markteinführung eines neuen Wirkstoffs bis zur ersten Detektion resistenter Stämme dauert es im Durchschnitt fünf Jahre, in jüngster Zeit oft noch weniger (siehe Abbildung). Besorgniserregend ist dabei die Resistenzentwicklung bei Enterobakterien, darunter solche, die im menschlichen Darm vorkommen (z.B. E.coli). Deren Stämme werden zunehmend multiresistent, d. h. resistent gegen mehrere Antibiotika.

Abbildung Markteinführung und Erstnachweis resistenter Bakterien
Markteinführung und Erstnachweis resistenter Bakterien (rechter Rand des dicken Balkens) für bestimmte Antibiotika und Antibiotikagruppen. Angepasst von Clatworthy et al. 2007.

Vor etwa zehn Jahren war die Fachwelt vor allem über die Zunahme von Resistenzen gegenüber Antibiotika aus der Familie der Penicilline besorgt. Zur Behandlung solch resistenter Infektionen wurde dann eine neue Klasse von Antibiotika, die Carbapeneme, eingesetzt. Aber auch gegen diese Antibiotika-Klasse entwickelten die Bakterien Resistenzen, z.B. durch Carbapenemase-Enzyme.

In der Schweiz ist eine Zunahme von Carbapenemase-bildenden E. coli zu verzeichnen.Das lässt die Befürchtung aufkommen, dass diese endemisch werden. Ähnliches ist insbesondere in Frankreich und Deutschland zu beobachten. Diese Entwicklung schreitet jedoch mit moderater Geschwindigkeit voran, da E. coli sich in Spitälern relativ schlecht ausbreiten und dort typischerweise keine Ausbrüche auslösen kann.

Früherkennung ist Grundlage für Massnahmen

In mehr als 50 Prozent der Fälle scheinen Carbapenem-resistente Enterobakterien bei Auslandsaufenthalten eingehandelt worden zu sein. Diese Schätzung wird durch den beobachteten Rückgang der Fallzahlen in den Jahren 2020 und 2021 untermauert, als weltweit weniger gereist wurde. Besonders besorgniserregend ist, dass immer mehr importierte Stämme von Acinetobacter baumannii identifiziert werden, die nahezu gegen alle Antibiotika resistent sind.

Nur durch die Früherkennung von multiresistenten Bakterienstämmen kann deren Verbreitung eingedämmt werden, indem betroffene Patientinnen und Patienten rasch isoliert werden. Die genaue Identifikation der Widerstandsmechanismen ermöglicht ausserdem eine schnelle und zielgerichtete Behandlung mit dem richtigen Antibiotikum.

Letzte Änderung 11.09.2023

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