Antibiotika und andere antibakterielle Substanzen können bei schwerwiegenden bakteriellen Infektionen Leben retten. Die weltweit zunehmende Entwicklung antibiotikaresistenter Keime ist besorgniserregend. Die Fachwelt setzt – neben der Förderung des sachgerechten Einsatzes und anderen Massnahmen – auf die Entwicklung neuer antibakterieller Substanzen.
Eine Studie von Outterson et. al. (2021) hat 18 neue antibakterielle Wirkstoffe identifiziert, die zwischen 2010 und 2020 entweder in den USA, in Kanada, Europa oder in Japan erstmals zugelassen und in mindestens einem Land auf den Markt gebracht wurden. Allerdings kommt die Studie zum Schluss, dass viele dieser neuen Substanzen selbst in einkommensstarken Ländern mit grosser Verzögerung oder gar nicht auf den Markt kommen. Da die Studie keine Angaben zur Schweiz enthält, haben wir die Zulassungs- und Markteintrittsdaten der 18 Wirkstoffe für die Schweiz recherchiert und mit denen der anderen Länder verglichen. Hierzu haben wir zum einen die erweiterte Arzneimittelliste von Swissmedic (Stand 31.01.2024) verwendet und zum anderen die Markteintrittsdaten aller zugelassener antibakterieller Wirkstoffe bei den einzelnen Zulassungsinhaberinnen erfragt.
Verfügbarkeit im internationalen Vergleich (2010 - 2020)
Die Analyse dieser Daten zeigt: Zwischen dem Jahr 2010 und dem Jahr 2020 wurden in der Schweiz sechs der 18 betrachteten antibakteriellen Substanzen zugelassen und auf dem Markt eingeführt. Damit war die Schweiz im Jahr 2020 gleichauf mit Rumänien und Griechenland und befand sich im Ländervergleich im hinteren Mittelfeld (vgl. brauner Balken in Abbildung). Die Länder Dänemark, Kroatien, Japan und Kanada lagen in diesem Vergleich noch hinter der Schweiz.
Einer der Wirkstoffe, Tedizolid (Markenname SIVEXTRO®), wurde zwar 2016 in der Schweiz auf den Markt gebracht, aber im August 2020 wieder aus dem Handel genommen. Die Zulassungsinhaberin hat gemäss Angabe von Swissmedic im August 2020 auf die Erneuerung der Zulassung von SIVEXTRO® verzichtet. Die Firma begründete dies auf unsere schriftliche Nachfrage damit, dass innerhalb der gleichen Antibiotikaklasse (Oxazolidinone) und in weiteren Antibiotikaklassen alternative Therapieoptionen zur Verfügung stehen. Per Ende 2020 waren damit fünf der 18 neuen Substanzen in der Schweiz auf dem Markt.
Die rote Linie in der Abbildung zeigt die Anzahl Tage (Median), die zwischen der Erstzulassung der Substanzen im Ausland – zumeist in den USA – und dem Markteintritt im jeweiligen Land vergingen. In der Schweiz vergingen zwischen der Erstzulassung im Ausland und dem Markteintritt 967 Tage (Median) respektive zwei Jahre und acht Monate. Damit befindet sich die Schweiz auf einem ähnlichen Niveau wie die Nachbarländer Frankreich und Italien.