Interview mit Katrin Schneeberger, Direktorin des Bundesamtes für Umwelt (BAFU)

Katrin Schneeberger, wie lautet Ihr Fazit nach bald einem Jahr im Amt?
Das BAFU ist gross und deckt eine reichhaltige Themenpalette ab. Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Kreislaufwirtschaft – um nur einige zu nennen – bewegen die Gesellschaft. Entsprechend vielfältig sind auch unsere politischen Geschäfte. Das BAFU ist aber auch Fachamt und als solches zuständig für die Erhebung genauer Umweltdaten über den Zeitverlauf – Daten, die dann als Grundlage für politische Weichenstellungen dienen. Diese Grundlagenarbeit und die Vorbereitung politischer Geschäfte gehen Hand in Hand und müssen aufeinander abgestimmt werden.

Welche Bedeutung hat die Strategie StAR für Sie und für das Amt? Wie ist Ihr Bezug dazu?
Antibiotikaresistenzen sind eine Bedrohung für Mensch und Tier und damit ein Problem, das wir unbedingt in den Griff kriegen müssen. Die Umwelt ist ein Reservoir für Antibiotikaresistenzen, und zwar sowohl für natürlich vorkommende, als auch für menschengemachte. Die Abwasserreinigung eliminiert schon heute 99 % der antibiotikaresistenten Keime. Die neue vierte Reinigungsstufe zur Elimination von Spurenstoffen wird praktisch alle Antibiotika aus dem Abwasser eliminieren. Dadurch gelangen noch weniger Antibiotika in die Gewässer, und die Gefahr der Bildung neuer Antibiotikaresistenzen nimmt ab.
Zu wenig Beachtung hat bislang der Bereich Boden – es gäbe hier Bedarf nach besseren Kenntnissen über die Belastung mit Antibiotikaresistenzen, besonders im Umfeld etwa von Schweine- oder Kälbermastbetrieben. Hier müssen wir in den kommenden Jahren besser werden.

Wie hat Covid-19 Ihre Arbeit beeinflusst?
Die langen Phasen des Home-Office, vor allem aber auch mein Stellenantritt unter Corona-Ausnahmebedingungen: Ich konnte viele meiner Mitarbeitenden bis heute noch nicht persönlich begrüssen. Die Sitzungen fanden fast ausschliesslich online statt, ebenso meine ersten Referate oder Podien als BAFU-Direktorin. Auch Begehungen vor Ort waren in diesen Monaten nicht möglich. Ich freue mich darauf, wenn solche Augenscheine und persönlichen Treffen wieder ohne Einschränkungen möglich sein werden.

Inwieweit könnte Covid-19 eine Chance sein für den Kampf gegen Antibiotikaresistenz?
Ich denke, Covid-19 hat bei vielen von uns die Antennen für unsere eigene Verwundbarkeit geschärft. Wir sind es uns nicht gewohnt, mit einer neuen Krankheit konfrontiert zu sein, die sich global ausbreitet und gegen die man Medikamente und Behandlung erst entwickeln muss. Dieses gesteigerte Bewusstsein kann dabei helfen, die Problematik der Antibiotikaresistenzen anzugehen.
Auch zeigt sich am Kampf gegen Covid-19 und gegen Antibiotikaresistenzen die Wichtigkeit des One-Health-Ansatzes, der die Gesundheit von Mensch und Tier in einer intakten Umwelt zum Ziel hat.
Was ich mir insbesondere wünsche, ist, dass durch die Berichterstattung über Covid-19 das Verständnis der Bevölkerung für die Notwendigkeit wissenschaftlicher Arbeit gewachsen ist. Das wäre gerade auch für unsere Arbeit im Bereich Umwelt hilfreich.

Letzte Änderung 11.09.2023

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